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„MRR“: Sein Leben

Marcel Reich-Ranicki, Hamburg 1960

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  • Marcel Reich mit Mutter und Geschwistern, Włocławek 1928 - Gerda (MRRs Schwester), Olek (Bruder), Helene (Mutter) und Marcel Reich, Włocławek 1928.
  • Eltern von Marcel Reich - Eltern von Marcel Reich: David (1880-1942) und Helene Reich (1884-1942)
  • Eltern von Teofila Ranicki (geb. Langnas) - Eltern von Teofila Ranicki (geb. Langnas): Pawel (1885-1940) und Emilia Langnas (1886-1942)
  • Interview mit Gerhard Gnauck im SWR - Interview mit Gerhard Gnauck, deutscher Journalist und Historiker und Autor des Buches "Wolke und Weide. Marcel Reich-Ranickis polnische Jahre".

    Interview mit Gerhard Gnauck im SWR

    Interview mit Gerhard Gnauck, deutscher Journalist und Historiker und Autor des Buches "Wolke und Weide. Marcel Reich-Ranickis polnische Jahre".
  • Interview mit Gerhard Gnauck zum Gedenken an Marcel Reich-Ranicki - Interview mit Gerhard Gnauck zu Leben und Erbe des verstorbenen Marcel Reich-Ranicki.

    Interview mit Gerhard Gnauck zum Gedenken an Marcel Reich-Ranicki

    Interview mit Gerhard Gnauck zu Leben und Erbe des verstorbenen Marcel Reich-Ranicki.
  • Kino "Femina" - In der Zeit des Ghettos war in dem Gebäude unter gleichem Namen ein Konzertsaal mit 900 Plätzen, in dem Marceli Reich seine ersten Kritiken schrieb.
  • Marcel und Teofila Reich-Ranicki, Warschauer Ghetto, 1940 - Marcel und Teofila Reich-Ranicki, Warschauer Ghetto, 1940
  • Teofila Reich-Ranicki, Łódź 1947 - Teofila Reich-Ranicki, Łódź 1947
  • Marcel und Teofila Reich-Ranicki mit Sohn Andrew, London 1949 - Marcel und Teofila Reich-Ranicki mit Sohn Andrew, London 1949
  • Teofila, Andrew und Marcel Reich-Ranicki, 1957 - Teofila, Andrew und Marcel Reich-Ranicki, Warschau 1957
  • Marcel Reich-Ranicki, Hamburg 1960 - Marcel Reich-Ranicki, Hamburg 1960
  • Marcel Reich-Ranicki, 1965 - Marcel Reich-Ranicki, 1965
  • In Gedenken an Marcel Reich-Ranicki im Radio "Trójka" (polnisch) - Beitrag von Gerhard Gnauk in Gedenken an Marcel Reich-Ranicki im Radio "Trójka" (polnisch).

    In Gedenken an Marcel Reich-Ranicki im Radio "Trójka" (polnisch)

    Beitrag von Gerhard Gnauk in Gedenken an Marcel Reich-Ranicki im Radio "Trójka" (polnisch).
  • 10 Jahre "Literarisches Quartett" - Marcel Reich Ranicki im Studio des ZDF. Sendedatum: 06.02.1998
  • Marcel Reich-Ranicki im Studio des ZDF - Titel der Sendung: Aus gegebenem Anlass - Marcel Reich-Ranicki im Gespräch mit Thomas Gottschalk
  • Marcel Reich-Ranicki, „der Literaturpapst“ - Marcel Reich-Ranicki, „der Literaturpapst“
  • Marcel Reich-Ranicki - Hörspiel von "COSMO Radio po polsku" auf Deutsch - In Zusammenarbeit mit "COSMO Radio po polsku" präsentieren wir Hörspiele zu ausgewählten Themen unseres Portals.

    Marcel Reich-Ranicki - Hörspiel von "COSMO Radio po polsku" auf Deutsch

    In Zusammenarbeit mit "COSMO Radio po polsku" präsentieren wir Hörspiele zu ausgewählten Themen unseres Portals.
  • Marcel Reich-Ranicki auf Polnisch! Interview mit Joanna Skibińska 1997 - Marcel Reich-Ranicki auf Polnisch! Interview mit Joanna Skibińska für Polski Magazyn Radiowy 1997

    Marcel Reich-Ranicki auf Polnisch! Interview mit Joanna Skibińska 1997

    Marcel Reich-Ranicki auf Polnisch! Interview mit Joanna Skibińska für Polski Magazyn Radiowy 1997
  • Marcel Reich-Ranicki auf Polnisch! Interview mit Joanna Skibińska 2000 - Marcel Reich-Ranicki auf Polnisch! Interview mit Joanna Skibińska für Polski Magazyn Radiowy 2000

    Marcel Reich-Ranicki auf Polnisch! Interview mit Joanna Skibińska 2000

    Marcel Reich-Ranicki auf Polnisch! Interview mit Joanna Skibińska für Polski Magazyn Radiowy 2000
  • Teofila und Marcel Reich-Ranicki - Teofila und Marcel Reich-Ranicki
  • MRR mit Sohn Andrew und Schwiegertochter Ida - Von links: Ida Thompson (Schwiegertochter), MRR und Andrew Ranicki (Sohn) beim offiziellen Empfang des Bundespräsidenten im Schloss Bellevue aus Anlass des letzten "Literarischen Quartetts", Berlin 14.12.2001
  • MRR und Moderator Thomas Gottschalk bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises 2008 - MRR und Moderator Thomas Gottschalk bei der Verleihung des Deutschen Fernsehpreises 2008
  • Grabstein von Teofila und Marcel Reich-Ranicki  - Grabstein von Teofila und Marcel Reich-Ranicki auf dem Frankfurter Hauptfriedhof.
  • Grabstein von Teofila und Marcel Reich-Ranicki  - Geschmücktes Grab von Teofila und Marcel Reich-Ranicki auf dem Frankfurter Hauptfriedhof.
  • Grabstein von Teofila und Marcel Reich-Ranicki - Geschmücktes Grab von Teofila und Marcel Reich-Ranicki auf dem Frankfurter Hauptfriedhof.
  • Berliner Gedenktafel für Marcel Reich-Ranicki - Berliner Gedenktafel für Marcel Reich-Ranicki
  • Graffiti an einer Buchhandlung in Menden im Sauerland - Graffiti an einer Buchhandlung in Menden im Sauerland, 2009
Marcel Reich-Ranicki (1920-2013)
Marcel Reich-Ranicki, Hamburg 1960

Die Reichs blieben bei den Gawins, bis im Herbst 1944 die Rote Armee diese Stadtviertel eroberte. Jetzt mussten die Reichs nicht mehr um ihr Leben fürchten. Stattdessen wollten sie sich dem polnischen Staat – auch wenn er 1939 wieder vom Erdboden verschwunden war – nützlich machen. Sie wanderten Richtung Lublin; dort wurde gerade die neue, kommunistisch dominierte Regierung zusammengestellt. Auch die neuen Sicherheitsorgane wurden dort gebildet. Die Reichs fanden Verwendung beim „Ressort (später: Ministerium) für Öffentliche Sicherheit“ (MBP). Zunächst als Übersetzer, die vor allem für die Militärzensur tätig waren, also für die Überwachung des Briefverkehrs.

Über die Monate der Reichs in Lublin ist nichts bekannt. Erst für Anfang Februar 1945 findet sich in den (erhaltenen) Akten des Sicherheitsministeriums eine neue Spur: Marceli Reich wurde als Chef einer „Operationsgruppe“ des Ministeriums nach Oberschlesien delegiert. Dort sollte er nach eigenen Angaben die Zensur organisieren. Von dort wurde er bald in die Hauptstadt Warschau versetzt. Nach fleißiger Arbeit im MBP stand Anfang 1946 eine weitere, brisante Entsendung an: nach Berlin.

Marceli Reich erwähnt in seiner Autobiografie nur mit einem Satz, worin seine Arbeit dort bestand, und schreibt ansonsten viel über das Theaterleben und seine Rückkehr in die Stadt seiner Jugend. Auch hier helfen polnische Aktenbestände weiter: Reich, damals im Rang eines Leutnants, war offiziell beim polnischen „Büro für Restitution und Kriegsentschädigung“ (BRiOW) beschäftigt. Er lief kreuz und quer durch Berlin, um von den deutschen Besatzern geraubte Güter und Industrieanlagen aufzuspüren und nach Polen zurückzuführen. Das Büro war in der Schlüterstraße 42 in Charlottenburg untergebracht, im Gebäude der Polnischen Militärmission.

Allerdings legen Dokumente in den Akten des Sicherheitsministeriums, die heute in der Behörde IPN lagern, nahe, dass Reich eine weitere, inoffizielle Aufgabe hatte. Diese „Berichte“, kurze Charakterisierungen, die oft Denunziationen glichen, hat ein Mann im Büro in Berlin über Reichs engste Mitarbeiter geschrieben. Unter jedem Bericht  (polnisch: raport) steht der Deckname „Platon“. Viele Details lassen vermuten, dass es Marceli Reich war, der hier seine Kollegen bespitzelte. Jahrzehnte später weigerte sich Reich-Ranicki kategorisch, meine mündlich und schriftlich gestellten Anfragen zu diesem Thema zu beantworten.[3]

Die Monate in Berlin haben in Reichs Erinnerung tiefe Spuren hinterlassen. Die 1958 geschriebene Erzählung „Eine sehr sentimentale Geschichte“ zeugt davon: Sie ist der zeitlebens einzige literarische Text Reich-Ranickis. Er beschreibt darin, wie ein junger polnischer Leutnant nach dem Krieg in Berlin einem großen Wagen mit deutschem Chauffeur entsteigt, um ins Deutsche Theater zu gehen. Der Leutnant sieht „Hamlet“. Weiter heißt es:

„Nach der Vorstellung will er allein sein. Man spielt nämlich ein Stück, das ihn immer sehr aufregt. Es ist die Geschichte eines jungen Intellektuellen, der das Pech hat, in einem totalitären Staat zu leben, sich gegen seine Umwelt aufbäumt und zerrieben wird. Es ist ein vorbildlicher Polizeistaat – alle werden von allen ausspioniert.“[4]

 

[3] Dazu ausführlich: Gnauck, a.a.O., S. 94-119

[4] Marcel Reich-Ranicki: Eine sehr sentimentale Geschichte. In: Volker Hage, Mathias Schreiber: Marcel Reich-Ranicki. Köln 1995, S. 207-222, hier S. 217f.