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Jan de Weryha-Wysoczański

Jan de Weryha vor seiner Arbeit „Hölzerne Tafel“, 2001. Verschiedene Hölzer, Nägel, 412 x 216 x 18 cm, aufgenommen in der Sammlung de Weryha, Hamburg, 2014

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Jan de Weryha vor seiner Arbeit „Hölzerne Tafel“, 2001
Jan de Weryha vor seiner Arbeit „Hölzerne Tafel“, 2001. Verschiedene Hölzer, Nägel, 412 x 216 x 18 cm, aufgenommen in der Sammlung de Weryha, Hamburg, 2014

Jan de Weryha – Abstrakte Moderne in Holz
 

Parallelen zur abstrakten Moderne sind offensichtlich. Ein Rundgang durch die geradezu musealen Ausstellungsräume in Hamburg-Bergedorf, die als Sammlung de Weryha dem Atelier des aus Polen stammenden Bildhauers angegliedert sind (Abb. 94-97 . ) und die einen repräsentativen Querschnitt durch sein Werk der letzten beiden Jahrzehnte bieten, ruft Erinnerungen wach. Wer sich in der Kunst auskennt, sieht beim Betrachten der Werke von de Weryha Tendenzen der abstrakten Moderne vor dem geistigen Auge, die bis in das zweite Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts zurückreichen. Es sind vor allem jene Bewegungen und Strömungen der abstrakten Kunst, in denen Geometrie, serielle Strukturen und eine sich wie auch immer äußernde Ausstrahlung des Materials die entscheidende Rolle spielten und die über Generationen von Künstlern hinweg ihre Bedeutung und Wirkung bis heute nicht verloren haben. 

Vor allem die seit 2001 von de Weryha geschaffenen „Hölzernen Tafeln“ zeigen geometrische, gitter- oder netzartige Strukturen, wie sie in den Jahren nach 1910 in der Malerei erfunden und in den folgenden Jahrzehnten auch in der Objektkunst weiterentwickelt wurden. Bei de Weryha können diese Strukturen streng und regelmäßig sein (Abb. 45 . , 58 . , 91 . ), oder aber Unregelmäßigkeiten aufweisen, die durch die natürliche Gestalt des Materials, seine Verarbeitung oder seine Anordnung entstehen (Abb. 34 . , 39 . , 80 . ). Die Grundlage für regelmäßige geometrische Muster in der bildenden Kunst legte der Niederländer Piet Mondrian noch vor dem Ersten Weltkrieg in Paris, als er beschloss, sich von den gegenständlichen Formen der Kubisten Braque und Picasso zu lösen und Eindrücke aus der Natur, beispielsweise die Struktur einer Brandmauer oder den Rhythmus des Meeres, in gitterartige Muster aus Rechtecken oder kurzen, sich kreuzenden Strichen und Linien in grau- und weißtonigen Farben zu übertragen. 

Die 1917 in Leiden von Mondrian, Theo van Doesburg und Georges Vantongerloo gegründete Gruppe De Stijl ersetzte Eindrücke aus der gegenständlichen Welt konsequent durch geometrische Kompositionen, um der als äußerlich empfundenen Gestalt der Dinge eine vom Menschen geschaffene reine Kunst gegenüberzustellen. Das ästhetische Gleichgewicht von Formen unterschiedlicher Größe und Farbe in der gemalten Bildfläche, bald angewandt auf Innenräume und Architektur, konnte je nach Künstler meditative Aspekte verfolgen, egalitäre Strukturen in der Gesellschaft vorbereiten oder eine dem Maschinenzeitalter und seinen anonymisierten Arbeitsprozessen angemessene Kunst repräsentieren. Serielle Muster spielten dabei noch keine Rolle. Wohl aber wurden gegenstandsfreie, mit Nummern durchgezählte Bildtitel üblich. Das hat sich bis heute in weiten Bereichen der zeitgenössischen Kunst durch den Verzicht auf Werktitel oder die Verwendung immer gleicher Bezeichnungen erhalten. De Weryha gebraucht nach einer mehrjährigen Phase „ohne Titel“ heute in der Regel die Bezeichnungen „Hölzernes Objekt“ oder „Hölzerne Tafel“, die sich nur durch die Entstehungsjahre unterscheiden. 

Der möglichen Redundanz bei der ausschließlichen Verwendung von Rechtecken begegneten die Künstler des Stijl wie Bart van der Leck und Vilmos Huszar mit der Einführung von unregelmäßigen Vielecken oder Dreiecken, was auch bei de Weryha (Abb. 76 . , 91 . ) zu beobachten ist. Die deutschen Nachfolger wie Friedrich Vordemberge-Gildewart, Carl Buchheister oder Erich Buchholz, jetzt Konstruktivisten genannt, ergänzten neue Farben, serielle Striche oder Kombinationen aus Rechtecken und Kreisen. Mondrian ließ in den Vierzigerjahren serielle Muster und Eindrücke aus der Umwelt, beispielsweise aus der Musik, wieder zu. So wie er den Betrachter entlang von Linien und seriellen Quadraten zu herausgehobenen Rechteckformen rhythmisch durchs Bild führte, leitet heute de Weryha den Betrachter auf einem vergleichsweise regelmäßigen Raster durch rhythmische Verteilungen zu immer neuen Formerlebnissen über die Oberfläche seiner Objekte (Abb. 34 . ). Wer will, kann auch die Urform der abstrakten geometrischen Gestaltung, das „Schwarze Quadrat“ (1913/15) von Kasimir Malewitsch, bei de Weryha mit veränderten Maßen und in modifizierter Farbigkeit wiederfinden (Abb. 68 . , 70 . ). Das monochrome Quadrat, das Malewitsch als „Empfindung der Gegenstandslosigkeit“ bezeichnete, ermöglicht de Weryha, sich ganz auf die optische und haptische Qualität des Materials zu konzentrieren. Tatsächlich spielen bei ihm das Material Holz in unterschiedlicher Farbigkeit und Gestalt sowie holzähnliche Pflanzenreste wie Rinde und Schilf die entscheidende Rolle. Durch die geometrische Anordnung löst de Weryha das Material aus seinen natürlichen Zusammenhängen und überführt es in eine objektivierte Form.