Menu toggle
Navigation

Maczków. Polnische Enklave in Norddeutschland

Die zuerst in Lwów, dann in Maczków unbenannte Stadt Haren, 1945.

Mediathek Sorted

Mediathek
Die zuerst in Lwów, dann in Maczków unbenannte Stadt Haren, 1945.
Die zuerst in Lwów, dann in Maczków unbenannte Stadt Haren, 1945.

Die Evakuierung der Stadt Haren


Rund 3.500 Einwohner sollten die Stadt bis zum 28. Mai 1945 verlassen, wobei ihnen gesagt wurde, dass unter keinen Umständen zurückkehren durften. Für Durchreisen waren Passierscheine vorgesehen. Die Umsiedler wurden auf 30 benachbarte Gemeinden verteilt. Eine Genehmigung zum Verbleib in der Stadt erhielten nur der Bürgermeister und seine Familie sowie die Ordensschwestern, die Teil der polnischen Gesundheitsfürsorge in der St.-Franziskus-Kirche waren. Der Bürgermeister blieb für die Aufrechterhaltung der deutschen Verwaltung und für die Angelegenheiten der Harener verantwortlich, die in die benachbarten Ortschaften eingewiesen wurden. Er stellte Passierscheine aus und betrieb ihre Versorgung mit dem Nötigsten. Die Chronik der Stadt teilt mit, für Haren sei ein „schwarzer Tag“ gekommen. Später sprach man von der „Polenzeit“. Dies freilich sah aus der Sicht derer, die hier nach Jahren des Kriegs, der Drangsalierung und der Heimatlosigkeit, zeitweilig ein Zuhause fanden, ganz anders aus.

General Maczek erinnerte sich 1988:„Die von den Massen der Polen, die aus den Konzentrationslagern, aus der Gefangenschaft und aus den Zwangsarbeiterlagern kamen, überraschte britische Verwaltung in dem besetzten Gebiet, evakuierte die durch die Kämpfe meiner Division bekannte Stadt Haren und übergab sie mir zu meiner Disposition. Für einige Jahre entstand im Westen Deutschlands dadurch eine rein polnische Stadt mit polnischer Bevölkerung und polnischen Verwaltungsbehörden. (...) Tausende polnische Frauen und Männer bevölkerten die Stadt und nutzten sie als vorübergehende Notunterkunft, bevor sie sich in alle Welt zerstreuten.“

 

Haren wird zu Maczków


Anfangs wurde die polonisierte Stadt Haren Lwów (dt. Lemberg, heute Lviv) getauft, doch nur wenige Wochen später, am 24. Juni 1945, in Maczków umbenannt, da die Briten den Namen im Hinblick auf die verbündete UdSSR für zu provokativ hielten. In dieser Zeit wurden verschärfte Spannungen und direkte Konfrontationen unter den Alliierten noch vermieden. Die Benennung zu Ehren des Befehlshabers der I. Division rief jedenfalls keine Kontroverse hervor. Ihr neuer Name wurde der Stadt in Anwesenheit von General Tadeusz Bor-Komorowski verliehen, der sich auf einer Visite befand. Die Straßen und Plätze erhielten ebenfalls neue Bezeichnungen. Sie hießen damals Armii Krajowej, Legionów, Jagiellońska, Lwowska und Łyczakowska, wobei die Reminiszenz an die verlorenen polnischen Ostgebiete keinen Protest auslöste.

Im Juni 1945 lebten in Maczków rund 5.000 Polen, meist junge Menschen, die aus den Konzentrationslagern und aus den Gefangenenlagern entlassen worden waren. Unter ihnen befanden sich auch Teilnehmer am Warschauer Aufstand, darunter über 1.700 junge Frauen aus dem Stalag VI C in Oberlangen. Sie alle wollten nach Jahren in den Gefängnissen, der Zwangsarbeit und der kriegsbedingten Heimatlosigkeit ein weitgehend normales Leben beginnen. Die Jugend hatte jedoch auch ihre eigenen Rechte: Einige schlossen den Bund fürs Leben. Kinder kamen auf die Welt. Von 1945 bis 1948 wurden in Maczków 289 Ehen geschlossen sowie 497 Geburten und 101 Beerdigungen registriert.