Menu toggle
Navigation

Maczków. Polnische Enklave in Norddeutschland

Die zuerst in Lwów, dann in Maczków unbenannte Stadt Haren, 1945.

Mediathek Sorted

Mediathek
Die zuerst in Lwów, dann in Maczków unbenannte Stadt Haren, 1945.
Die zuerst in Lwów, dann in Maczków unbenannte Stadt Haren, 1945.

Schulwesen

Nach Kriegsende hatten viele Menschen den Wunsch, nun endlich einen Schullabschluss zu machen oder eine bestehende Ausbildung zu ergänzen. Viele von ihnen kamen sogar zum ersten Mal mit einer Schule in Berührung. Die allgemeine Auffassung war, dass Bildung helfen würde, besser bezahlte Arbeit zu finden. Die Organisation der entsprechenden Maßnahmen wurde von der Britischen Besatzungsmacht, von der Hilfsorganisation UNRRA und von der I. Panzerdivision unterstützt. 

In diesem Sinne wurden in Maczków in kurzer Zeit Kindergärten, zwei Grundschulen, ein Gymnasium, ein Lyzeum, die Berufsschule „Polskie Gimnazjum Mechaniczne“ (Polnisches Gymnasium für Mechanik) und eine Volkshochschule ins Leben gerufen. Direktor des Gymnasiums und des Lyzeums wurde Tadeusz Nowakowski. Dem Lehrerkollegium gehörte ein weiterer Tadeusz Nowakowski an, der später als Verfasser des 1957 in Paris erschienen Romans „Obóz wszystkich świętych“, der Maczków zum Thema hatte, ein bekannter Exilautor wurde. Die deutsche Ausgabe des Romans erschien 1960 in Köln unter dem Titel „Polonaise Allerheiligen“. Die ersten Teile des Manuskripts notierte Nowakowski noch in Maczków in ein Klassenbuch, das er in der Schule vorgefunden hatte. 

Die Grundschule in Maczków besuchten 350 Kinder, das Gymnasium und das Lyzeum hatten 268 Schüler. Unterrichtet wurden humanistische und naturwissenschaftliche Fächer. Außer Polnisch standen Geschichte, Geographie, Chemie, Mathematik und Religion auf dem Stundenplan. Der Besuch des Gymnasiums und des Lyzeums endete mit dem Abitur. 

Das pädagogische Niveau war so hoch, dass das Gymnasium und das Lyzeum in Maczków auch auswärtige Schüler anzogen. Da das Gymnasium über ein Internat für Mädchen und Jungen verfügte, kamen die Bewerber aus ganz Deutschland. Das Abitur aus Maczków galt als Entree für Hochschulen in Deutschland und anderen europäischen Ländern. Dabei war es sicher nicht leicht, sich nach den Kriegsjahren mit ihren vielen tragischen Erfahrungen in einen eifrigen Schüler zu verwandeln.

Wir wollten lernen und die durch den Krieg versäumten Jahre nachholen – erinnerte sich der bereits erwähnte angesehene Künstler und ehemaliger Häftling des KZ Auschwitz Józef Szajna (Maczków, Abiturjahrgang 1947). Ich war kein guter Schüler. Dafür, was andere in 40 Minuten erledigten, habe ich vier Stunden gebraucht. Komplexe stiegen in mir auf, das Selbstbewusstsein nahm ab. Mir schien, als hätte der langjährige KZ-Aufenthalt meine Konzentrationsfähigkeit und meine Disziplin getilgt (…). Das Schulgebäude gibt es noch. Unsere Lehrer waren ehemalige Kriegsgefangene aus den Offizierslagern, zumeist aus dem Oflag Murnau, die schon vor dem Krieg Lehrer waren. Die Anforderungen waren hoch, das Niveau der Schüler sehr unterschiedlich. Auch wenn die Kirche sehr groß war und wir jeden Sonntag die Heilige Messe besuchten, konnten wir nicht auf Gottes Hilfe zählen. Die im Krieg erwachsen gewordenen Soldaten, die Partisanen und die weiblichen Teilnehmerinnen am Warschauer Aufstand stellten sich den Prüfungen voller Angst (…)“ (Zitat nach Lembeck, S. 102).

Die Volkshochschule fand bei den DPs starkes Interesse. An den Kursen in Geschichte, Geographie, Technik und anderen Fächern nahmen insgesamt 150 Personen teil. Sehr gefragt waren Fremdsprachenangebote, vor allem Englisch, da die Beherrschung dieser Sprache bei einer Auswanderung von Nutzen sein konnte. Englisch wurde von zwei Lehrern unterrichtet, deren Kurse 200 DPs besuchten. 

So wurde das Emsland mit der Zeit wurde zu einem Zentrum des polnischen Bildungswesens in Deutschland. In Maczków befand sich der Sitz des III. Schulbezirks, dessen Aufsichtsbehörde von Szczepan Zimmerer geleitet wurde. Er legte die Lehrpläne zusammen mit den regionalen Schulbehörden fest.

Die Rückkehr der DPs in die Heimat und die Auswanderungsbewegung in andere westliche Länder trugen zum Rückgang der Schülerzahlen bei, so dass die Schulen letztlich nach und nach geschlossen wurden. Endgültig eingestellt wurde der Schulbetrieb Ende 1948, Anfang 1949.