Johannes a Lasco
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Die erreichten Reformen sind jedoch nicht von Dauer. 1546/47 zieht Kaiser Karl V. an der Donau und in Sachsen-Thüringen gegen ein Bündnis aus protestantischen Landesfürsten und Städten, den Schmalkaldischen Bund, zu Felde um die Reformation zurückzudrängen und behält die Oberhand. Daraufhin erlässt er im Augsburger Reichstag von 1548 ein religiöses Interim, also eine Zwischenlösung, bei der er die katholische Messe, die alten Feiertage und die Heiligenverehrung für verbindlich erklärt, den Protestanten aber Priesterehe und Laienkelch zugesteht. Anschließend wächst der Druck der habsburgisch-spanischen Niederlande auf Gräfin Anna, das Interim auch in Ostfriesland durchzusetzen. Diese führt eine Sonderform ein und entlässt a Lasco, der inzwischen für seine wachsende Familie das Gut Abbingwehr nordwestlich von Emden erworben hat, als Superintendenten.
A Lasco erlebt diese Zeit des neuerlichen Umbruchs in London, wohin ihn Herzog Albrecht von Preußen (1490-1568) als Unterhändler entsandt hat, um ein gegen den Kaiser gerichtetes Bündnis der protestantischen Fürsten mit dem englischen und anderen Königshäusern herbeizuführen. Als a Lasco im August 1549 nach Emden zurückkehrt, ist er bereits entlassen und reist daraufhin in diplomatischer Mission weiter nach Königsberg. Von dort aus versucht er, auch den polnischen König Sigismund II. August/Zygmunt II August (1520-1572) für einen protestantischen Bund zu gewinnen, der sich jedoch nicht gegen den Kaiser vereinnahmen lässt. Da eine erhoffte Rückkehr nach Polen ausgeschlossen scheint, nimmt a Lasco ein Angebot des Londoner Erzbischofs Thomas Cranmer (1489-1556) an, diesen bei der Reform der englischen Kirche zu unterstützen. Cranmer gehört zum Regentschaftsrat, der den unmündigen König Edward VI. vertritt. Ausgestattet mit einem Empfehlungsschreiben von Herzog Albrecht und einem Zeugnis von Gräfin Anna bricht a Lasco unter großer Anteilnahme der Emder Gemeinde über Bremen und Hamburg nach England auf, wo er im April 1550 eintrifft.[20]
In London wird er umgehend zum Superintendenten über die Flüchtlingsgemeinden ernannt, die aufgrund religiöser Verfolgung aus Deutschland, den Niederlanden, Frankreich und Italien nach England emigriert sind und nun die Gebäude des 1538 aufgelösten Augustinerklosters Austin Friars sechshundert Meter östlich der Bischofskirche St. Paul’s zur gemeinsamen Nutzung erhalten. Eine Charta vom Juli 1550 spricht den Gemeinden das Recht zu, sich abweichend von Ritus und Ordnung der englischen Kirche zu organisieren.[21] A Lasco entwirft eine Kirchenordnung für London, die in lateinischer Fassung 1555 (Abb. 2a, b), auf Deutsch 1565 erscheint[22] und vermutlich die (nicht erhaltene) Emder Gemeindeordnung zum Vorbild hat. Sie regelt die Gliederung der Gemeinde, die Aufgaben der Prediger, Diakone und Ältesten, beschreibt die Kirchenzucht, den Coetus der Prediger und enthält Liturgie und Predigtexte. Die Londoner Kirchenordnung gilt als a Lascos bedeutendstes Werk und wird, so Jürgens, die Organisation reformierter Kirchen weltweit beeinflussen: „Durch die Londoner Ordnung hat der polnische Humanist, der in Ostfriesland zur reformierten Kirche fand, besonders auf den niederländischen Protestantismus eingewirkt.“[23]
[20] Ebenda, Seite 30-32; Jürgens 2002 (siehe Literaturliste 3.), Seite 326-344
[21] Im Folgenden vergleiche Jürgens 1999 (siehe Literaturliste 1.), Seite 33-45
[22] Johannes a Lasco: Forma ac ratio tota ecclesiastici Ministerii, in peregrinorum, potissimorum vero Germanorum Ecclesia instituta Londini in Anglia, Frankfurt am Main 1555, Herzog August Bibliothek, Wolfenbüttel; Johann von Lasco: Kirchenordnung, wie die unter dem christlichen König auß Engelland … gehalten worden … und jetzund verdeutschet, Heidelberg 1565, Johannes a Lasco Bibliothek, Emden; Jürgens 1999 (siehe Literaturliste 2.), Seite 66 f.
[23] Jürgens 1999 (siehe Literaturliste 1.), Seite 33 f.